
Im Amstelhouse sammeln sich wieder die Randonneure, grob gibt es zwei Lager bei der Trikotwahl: Entweder Rapha (da gehöre ich wohl auch dazu) oder Trikots von irgendwelchen grandiosen Brevetveranstaltungen, inkl. Paris-Brest-Paris. Dazwischen gibt es nur wenige Ausnahmen 😉 Irgendjemand spricht mich nach meiner Zeitplanung an, großmäulig stelle ich fünf Stunden pro 100 Kilometer in den Raum….

Naja, irgendwann geht es los, ich verstehe EBrevet deutlich besser bzw. bilde mir das ein… es geht nach Nordosten raus aus Berlin, in meine alte Heimat und dann zur Oder.

Bis Schwedt (km 110) rollt es sehr gut, bin in dem gewünschten Zeitfenster…. dann lässt mein Elan nach…. kriege teilweise unsinnige Anrufe, die problemlos eine Nachricht oder Email hätten sein können… stoppe für Fotos, fürs Rumdaddeln auf dem Telefon, sitze vorm Supermarkt in Pasewalk und esse Snickers…die Leichtigfüßkeit fehlt mir komplett….

In einigen Ecken hier in Mecklenburg scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Ohne viel Aufwand (ein paar Schilder entfernen und die modernen Mülltonnen aus dem Ausschnitt ziehen) hätte man eine Filmkulisse für die DDR der 80er Jahre. Oder früher…


Dann gibt es wieder die Dörfer mit modernen Gebäuden, wo sichtbar wird (auch anhand der KfZ-Kennzeichen), dass es sich um Ferienhäuser handelt und die Zeit eben doch auch in den ländlichen Weiten voranschreitet…

Irgendwo zwischen Barnim und Uckermark holt mich die Dunkelheit ein, habe noch 70 Kilometer vor mir. Andere sitzen da schon wieder im Amstelhouse…der Dönermann in Joachimsthal beschwert sich über die vielen Radler heute: „…. das ganze Wasser ist alle….“ Aber von Veranstalterseite wurde ja rechtzeitig auf die dünne Versorgungslage auf dem Teilabschnitt hingewiesen.
Höhe Werbellinsee bilde ich mit anderen Randonneuren eine lose Gruppe. Die drei sind ein Tick schneller, dafür habe ich mehr Ortskenntnis. Dadurch sind wir quasi gleich schnell. Irgendwann in Biesenthal (20 Kilometer vor dem Ziel) zerfällt diese Gruppenkonstellation wieder, ich bin dann kurz vor Mitternacht beim Alternativ-Ziel, dem Bernauer Bahnhof. Konform zum dem Angebot der Veranstalter fahre ich nicht mehr zurück zum Amstelhouse, sondern die restlichen 18 Kilometer direkt nach Hause.
Eine Sache fällt mir beim Brevetfahren immer wieder auf: die fehlende Rückmeldung der Veranstalter, ob man die Strecke regelkonform absolviert hat. Bin beim Segelsport auf der „anderen Seite“, da ist es total normal, dass die Leute beim Anlegen an Land am Tagesende auf eine Ergebnis-Liste zugreifen können. Beim Langstreckenradleln ist das komplett anders, monatelange Funkstille…. Andererseits: alles Ehrenamt, mir geht es ums Draußensein und die Stunden auf dem Rad.
Analoger Nachschlag:



Hinterlasse einen Kommentar